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Marvel’s Spider-Man 2 im großen TEST – Spidey gegen die Nemesis

Ich, mein Superhelden-Leben und Sie

Insomniac Games inszeniert mit „Marvel’s Spider-Man 2“ ein durchweg gelungenes Superhelden-Abenteuer und scheut selbst vor Entscheidungen der härteren Gangart nicht zurück. Die Geschichte rund um gleich zwei Spider-Man’s und deren Aufgabe den Big Apple vor Bedrohungen aller Art wie einem psychopathischen Jäger sowie einem brutalen Alien-Symbionten zu schützen, gehört zu den besten Spielerlebnissen, die man in vielerlei Hinsicht auf der PlayStation machen darf. Unsere große Review zum Spinnen-Blockbuster.

Ich hege noch gute Erinnerungen an meinen ersten Kontakt mit „Marvel’s Spider-Man“. Es war auf der gamescom 2018. Dort präsentierte sich PlayStation mit einem übergroßen Messestand samt Bühne sowie hübscher Balkon-Lounge. In einer Art Container hingen rund dutzend 65 Zoll-Fernseher, darauf spielte die geladene Presse das erste große Marvel-Abenteuer aus dem Hause Insomniac Games. Grandios. Sämtliche Kindheitsträume und Erwartungen wurden auf einen Schlag erfüllt – tolles Schwingen, schlagkräftige Fights und Figuren mit Tiefgang. Tage später bestätigte das komplette Spiel diese erwarteten Stärken. Das Insomniac Games-Studio ist seit PlayStation 1-Zeiten ein Garant für technisch extrem sauberer wie spaßig umgesetzte Spiele. Insofern war es nur konsequent die „Spyro“ und „Ratchet & Clank“-Erfinder auf die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft anzusetzen. Denn die bisherigen Videospiel-Versoftungen seitens Activision waren neben geglückten Titeln wie „Spider-Man 2“ oftmals nur in der Wertung grottig anzusiedeln. Doch mit dem ersten Spidey-Abenteuer glückte den Entwickler:innen aus Kalifornien ein ausgezeichnetes Erlebnis, dessen lockeres Gameplay eine emotional geschriebene Handlung rund um Tante May, Oscorp sowie Verantwortung als Superheld filmreif erzählte. Die Fortsetzung sprüht ebenfalls vor Ideenreichtum und einer erwachsen gewordenen Erzählweise, die spürbar düsterer daherkommt als zunächst gedacht. Eines vorweg: „Marvel’s Spider-Man 2“ ist das beste Superhelden-Spiel seit „Batman: Arkham City“.

Dies liegt größtenteils an der zugrundeliegenden Handlung, diese setzt rund zwei Jahre nach den Geschehnissen aus Teil 1 an. Peter Parker und Miles Morales sorgen im gemischten Doppel für Recht und Ordnung in Manhatten und umliegenden Vierteln. Beide Privatleben sind hiervon mal mehr oder weniger eingespannt. Die Stimmung wird bedrohlich als der Schurke Kraven den Big Apple als sein neues Jagdrevier auserkoren hat und einige von Spider-Man’s gefährlichsten Feinden erst befreit um sie gewaltsam zu jagen. Erschwerend hinzu kommt noch ein Vorfall durch dessen Peter in direkten Kontakt mit einem außerirdischen Symbionten gerät. Bald müssen Miles & Peter nicht nur ihre Liebsten beschützen sondern auch das Überleben ihrer Stadt. Absichtlich kratzen wir bloß an der Oberfläche, da „Marvel’s Spider-Man 2“ von seiner packenden wie unterhaltsamen Storyline die größte Faszination zieht. Insomniac Games gelingt eine kinoreife Präsentation, da neben einer perfekt choreografierten Action man sich genügend ruhige Momente zur Figurenzeichnung nimmt. Der Tod von Tante May beschäftigt Pete stärker als er meint und Miles hat genug Stress in der High School und seiner weiteren Zukunft. Nicht nur aufgrund der wirklich guten Zwischensequenzen, die dank Motion-Capture, mir nicht das Gefühl von bloßem Füllmaterial geben sondern mir als Spieler eine clevere Geschichte erzählen will, fühle ich mit den Protagonisten mit. Zeitweise gab es Momente welche Erinnerungen an Dramaturgie-Primus Naughty Dog weckten. Gerade, wenn Verlust ganz nah scheint und die Hoffnung schwindet erreicht dieses Marvel-Abenteuer seine Topform. Dies geht selbstredend auf Kosten einer gewohnt bunten, witzigen Comic-Welt. Für das überraschend erhöhte Rating auf USK 16 ist nicht nur Venom, Schuld.

Nichts mehr für Kinder

Besonders die Sequenzen mit dem gefräßigen Symbionten unterstreicht die neuartige Düsternis innerhalb der an sich jugendlich geprägten Comic-Reihe. Venom wird nicht zum Comic Relief degradiert sondern bildet nicht nur für Pete, Miles, MJ sondern alle New Yorker eine ernstzunehmende Gefahr. Antagonist Kraven hingegen wird als unnahbar wie gerissen inszeniert, was zur Rolle des Bösewichts passt. Gerne hätten wir mehr Screentime mit ihm gesehen. Allerdings nimmt nehmen sich die Storyautoren ausreichend Zeit um prickelnde Spannung aufzubauen, Spider-Man darf über einen längeren Zeitraum den schwarzen Anzug tragen und neben seiner Farbenpracht verändert sich zunehmend auch langsam seine Persönlichkeit. Damit wären wir sogleich beim Gameplay: Kenner des Erstlings finden sich sofort zurecht. Insomniac Games ändert kaum etwas im Ablauf. Zum Glück! So wechseln sich Schlägereien gegen Handlanger in Vielzahl im freibeschwingbaren Manhattan mit großartig inszenierten Story-Missionen ab, die nicht selten in Verfolgungsjagden quer durch Wolkenkratzer oder im East River enden. Der Beginn gegen einen Hochhaus-hohen Sandman ist hierbei ein Wegweiser für den weiteren Spielverlauf. Zudem ist der Spagat zwischen bekanntlich lockerem Marvel-Humor und dramatischen Momenten ist in einem wunderbaren Pacing, besser gelöst als zuletzt im Cinematic Universe. Dank fehlenden Ladezeiten entwickelt Insomniacs Abenteuer eine ungeheure Sogwirkung, derer man kaum entziehen kann.

Doch wie sieht unser Helden-Alltag aus? Nach einem herrlich überbordenden Kampf gegen Sandman, der glatt mehrere Viertel von New York mit Sand flutet und uns massenhaft gegen Sand-Gegner kämpfen lässt, gilt es aufzuräumen. Wir helfen der Feuerwehr verschüttete Menschen zu befreien oder löschen entstandene Feuer. Dann wartet die Open-World auf uns – durch die frisch hinzugekommenen Stadteile wie Harlem nahezu doppelt so groß wie im Erstling. Erstaunlich, selbst reine Sammelaufgaben wirken organisch. Finden wir beispielsweise Kisten mit Technikschrott um unsere Gadgets zu verbessern, ist das kein „Muss“ sondern gut gemachtes nebenbei erledigen. Zudem ist es schön, wie die Entwickler:innen die Metropole als lebenden Organismus versteht. So sieht Straßenzüge zu Anfang voller Sandberge oder späteren Verlauf zerstörte Gebäude auch weiterhin zerstört. Hier zählt die gelungene Immersion. Was ist mit dem Schwingen? Fantastisch! Kein Spider-Man Spiel bot mir ein eleganteres wie flotteres Fortbewegen. Gleich zu Beginn werden uns „Netzflügel“ verflügen mit denen wir problemlos durch die Spielwelt über weite Strecken hinweg gleiten können. Grund zur Kritik bilden nur die Nebenaktivitäten, welche von abwechslungsreich gut wie Peter’s wissenschaftliche Arbeit bis Miles Abgrasen der Prowler-Verstecke mutieren. Zudem endet die Nebenstory rund um Bösewicht „Die Flamme“ unbefriedigend, allerdings glauben wir an eine Fortsetzung in Form von DLC im Nachgang. Während wir im Erstling noch bekannte Orte wie dem „Avengers“-Sitz besuchten, schießen wir jetzt Fotos von kleinen New Yorker Sehenswürdigkeiten. Recht amüsant. Unsere letztliche Gesamtspielzeit belief sich auf rund 29 Stunden von denen rund 20 Stunden auf die Kampagne fiel. Kein schlechter Wert, aber manchmal verpasst Insomniac den perfekten Schlusspunkt. Statt beispielsweise einen punktgenau Kampf enden zu lassen, gibt es nochmal eine Phase.

Solche Füllmomente braucht es übrigens gar nicht, weil die Story genügend grandiose Einfälle bietet. So wechseln wir uns nicht nur regelmäßig zwischen Pete und Miles im Spinnen-Suit ab, um Feinden die Kauleiste gerade zu rücken sondern switchen auch mal zu MJ. Gerade ihre Abschnitte sind im Vergleich zu Teil Eins deutlich weitläufiger und erinnern vom Gameplay an Ellie aus „The Last of Us: Part 2„. Wir schleichen an Gegnern vorbei, um Infos zu finden. Leider sparte man mit solchen Stealth-Abschnitten in den Spider-Man-Missionen. Dafür gibt es jetzt zeitliche Flashbacks in Pete’s Jugendzeit, in denen wir nachts in Schulen herumschleichen oder per Fahrrad durch’s belebte Manhattan radeln. Hier gelingt die Charakterentwicklung gut. Die Kämpfe profitieren noch immer vom etablierten FreeFlow-Kampfsystem aus den „Batman Arkham„-Spielen, werden aber nun durch jeweilige Fähigkeiten der Spinnenmänner auflockert. Miles elektrisiert etwa gleich ganze Horden während Peter mit brachialen Ranken seine Widersacher attackiert. Dennoch dürft ihr kein Rollenspiel erwarten – ähnlich der „Uncharted“-Reihe sind wir handlungstechnisch auf Schienen unterwegs. Natürlich ist das Vorgehen uns überlassen. Genauso wie im Vorgänger sammeln wir mit erledigten Missionen sowie Aufgaben XP-Punkte, die sich in erreichbaren Stufen niederschlagen. Dadurch schalten wir hilfreiche Fähigkeiten frei. Im dazugehörigen Fähigkeitenbaum investieren wir ebenfalls erspielte Punkte um stärkere Gesundheit und härtere Schläge upzugraden. Oder es braucht bestimmte Wertmarken um Geräte aus Netzschießern und explodierenden Höhenflügen zu verbessern, (besondere) Technikteile finden sich in Kisten quer verteilt auf Hausdächern oder resultierenden Verdiensten aus Missionen. Die Steuerung im Menü ist anfangs herausfordernd, geht jedoch durch häufige Besuche in Fleisch und Blut über.

Ganz wenig zu meckern

Insomniac ließ es nicht nehmen die zahlreichen Kämpfe um ein Gameplay-Element zu erweitern: Parieren. Ich persönlich konnte damit nicht allzu anfangen, da bloßes Ausweichen und Angriffen die Fokus-Leiste für hübsch gemachte Finisher ebenso füllt. Die Steuerung ist gerade in Auseinsetzungen mehrfach belegt, sodass es etwas Einarbeitungszeit braucht aber danach flutscht es sozusagen. Technisch ist „Marvel’s Spider-Man 2“ ein absolutes Musterbeispiel für ein Konsolen-Exclusive. Das gesamte Spiel ist gepolished und so fallen Bugs erst recht auf. Teilweise sprangen Missionstrigger nicht an, nachladende Texturen, einzelne Dialogzeilen wurden nicht abgespielt oder Glitches durch die Levelstruktur wo nur ein Neustart zum letzten Checkpoint ein Ausweg war. Aber hinblicklich eines derart großen PlayStation-Titel dessen Ambitionen sogar übertroffen wurden und 30fps trotz eingeschaltetem Raytracing stabil gehalten werden, ist dies Meckern auf ganz hohem Niveau. Zudem überzeugte die Deutsche Lokalisierung mit gut ausgewählten Stimmen. Die Gesichtsanimationen sind gerade in den In-Game Zwischenseuquenzen weit über Durchschnitt. Nicht zu vergessen wurde der Dualsense zuletzt nicht so durchdacht mit synchronen Vibrationen und Lautsprecher-Durchsagen eingebunden wie bei diesem fetzigen Marvel-Blockbuster. Löblich sind die Barrierefreiheits-Optionen – neben Screenreader und Spielgeschwindigkeit-Änderungen ist auch eine Audiofrequenzsteuerung verfübgar. Sie ermöglicht es den Spielern, unangenehme Geräusche mit einem Hoch- oder Niederfrequenz-Limit, oder über eine komplett benutzerdefinierte Einstellung, zu deaktivieren. Generell darf man gespannt sein, was Insomniac Games als Nächstes mit Wolverine im seinem eigenständigen Marvel-Abenteuer vorhat.

Angebot
Marvel’s Spider-Man 2
  • Erlebe eine brandneue Einzelspieler-Story in Marvel’s Spider-Man
  • Wechsele zwischen den zwei spielbaren Spider-Men Peter Parker und Miles Morales hin und her, während du Marvels New York erkundest
  • Setze Peter Parkers neue Symbiontenfähigkeiten und Miles Morales’ explosive bioelektrische Venom-Kräfte ein

Unser Fazit zu „Marvel’s Spider-Man 2“

Durchgeschüttelt und voller Adrenalin – so fühlt man beim Spielen des neuen Spider-Man Abenteuer nicht selten. Bemerkenswert was Insomniac Games aus dem ohnehin sehr guten Erstling mit der Fortsetzung noch so rausholt. Neben einer, natürlich, größeren Open-World überzeugt die Geschichte mit ihrem düsteren Storytelling enorm während das Gameplay durch sinnvolle Erweiterungen wie die Netzflügel sowie Spezialfähigkeiten an Variation zunimmt. Über die kleinen technischen Unzulänglichkeiten schaut man hinsichtlich der überbordenden Präsentation gerne hinweg, welche dank einer höheren Altersfreigabe endlich kaum noch Kompromisse eingehen muss. Kurzum: „Marvel’s Spider-Man 2“ ist eines der besten Superhelden-Abenteuern auf Konsolen und ein absoluter Pflichtkauf für PlayStation 5-Besitzer. Very good job, Insomniac!

Release: 20.10.2023 | Entwickler: Insomniac Games | Genre: Action-Adventure | Preis: 79,99 Euro | Für PlayStation 5 | USK: ab 16

Marvel's Spider-Man 2 (PlayStation 5)

Spielspaß - 95%
Gameplay - 90%
Grafik - 94%
Technik - 87%

92%

Ausgezeichnet!

Pflichtkauf! "Marvel's Spider-Man 2" toppt den guten Erstling mit einer herausragenden Handlung, spaßigen neuen Gameplay-Elementen und einer mehr als lebendigen Open-World.

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Benny Illgner

Nachname hielt schon Fußbälle auf. Ich bisher nur virtuell. Sitzt seit 2005 in Digitalien fest und wartet auf den Pannendienst. Steht in fester Beziehung mit Twitter und Instagram. Schreibt Gags fürs Netz und Fernsehen. Nimmt gedeckte Schecks und Pizza gerne auf Twitter unter @IamIllgner an.

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