KinoKritiken

Kritik: „All das Ungesagte zwischen uns – Regretting You“ – Familien im Brennpunkt

Bundesweiter Kinostart: 23. Oktober 2025

Letztes Jahr sorgte in „Nur noch ein einziges Mal“ noch die persönliche Fehde zwischen den Hauptdarsteller:innen Lively und Baldoni für den Spotlight zum Film, nun soll es das filmische Werk selbst richten. Die, seit heute in den bundesdeutschen Kinos angelaufene, Colleen Hoover-Verfilmung „All das Ungesagte zwischen uns – Regretting You“ wurde von Constantin Film in hohem Maße mitproduziert und versucht den filmischen Balanceakt zwischen Familiendrama und Coming-of-Age Comedy zu finden, dessen Elemente teilweise gar parodistisch wirken. Ob das Resultat am Schluss für fechte Kulleraugen im Saal führt – sagt euch unsere Filmkritik.

Mit Romanzen ist es ja oft Sache, die Einen wälzen sich förmlich in menschlichen Dramen, fühlen und weinen mit während die Anderen größtenteils die Meta-Ebene der gesamten Geschichte verstehen wollen um daraus Rückschlüsse zu ziehen. Regisseur Josh Boone, bekannt für „The Fault in Our Stars“ und den Marvel-Flop „The New Mutants“, legt mit „All das Ungesagte zwischen uns – Regretting You“ einen Film vor, der auf dem Bestseller von Bestseller-Autorin Colleen Hoover basiert und sich diesmal ganz auf die komplizierte Beziehung zwischen Mutter und Tochter konzentriert. Mit dieser Prämisse könnte sich einiges anstellen lassen, würde man nicht über weite Teile das Gefühl haben ein typisches ARD-Degeto Machwerk zu sehen, wo sich die härtesten Schicksalsschläge mit Wein und Reality-TV auskurieren lassen. Schreiten wir zur Handlung.

Morgan Grant (Allison Williams) ist Anfang vierzig, führt ein geregeltes Leben, das allerdings mehr aus Pflichten als aus Freude besteht. Früh Mutter geworden, hat sie ihre eigenen Pläne eingetauscht gegen Stabilität – eine Entscheidung, die ihre inzwischen jugendliche Tochter Clara (McKenna Grace) kaum nachvollziehen kann. Ihre Schwester Jenny (Willa Fitzgerald) und Morgans Ehemann Chris (Scott Eastwood) hegen jedoch ein bitteres Geheimnis. Jennys Jugendfreund Jonah (Dave Franco) wurde praktischerweise gleich zu ihrem Ehemann. Clara lebt derweil rebellisch und verguckt sich in ihren Schulfreund Miller Adams (Mason Thames), der zwischen einer On-Off Beziehungen liegt. Als ein tragischer Unfall das Familiengefüge erschüttert und eine Affäre aus der Vergangenheit ans Licht bringt, kippt die Beziehung zwischen Mutter und Tochter endgültig: Vertrauen wird zur Mangelware, Worte bleiben unausgesprochen. Damit wäre der Grundstein für knapp zwei Stunden knalliges Drama gelegt.

Williams spielt Morgan als kontrollierte, oft zu perfekte Mutter, die hinter ihrem Ordnungsdrang ein schlechtes Gewissen verbirgt. Grace wiederum gibt Clara eine nachvollziehbare Mischung aus Wut und Verletzlichkeit. Beide Figuren prallen in alltäglichen Momenten aufeinander – an Küchentischen, in stillen Autofahrten, in jenen Szenen, in denen man spürt, dass Liebe und Enttäuschung sich kaum voneinander trennen lassen. Problematisch bis unglaubwürdig wird das Ganze jedoch sobald wie im Sekundentakt humoreske Momente im Film auftauchen. So endet beispielsweise eine Trauerfeier mit einem Joint im Auto von Miller, bei diesem sich Clara erstmal die Lunge aus dem Hals hustet. Daraufhin erscheint aus dem Nichts Mutti Morgan, da Sie Claras iPhone trocken konnte, und durchsticht daraufhin mit Blicken den im anderen Auto befindlichen Miller. Das sorgt für einige Lacher, wirkt aber inszenatorisch gar reingehämmert.

Allerdings zieht sich „All das Ungesagte zwischen uns“ über weite Strecken sicher durchs bekannte Terrain: Ein Geheimnis, das alles verändert, ein emotionaler Zusammenbruch, schließlich das schrittweise Wiederfinden. Heile Welt-Pathos mitinbegriffen. Boone inszeniert das mit sicherer Hand, aber ohne Überraschung. Der Film ist sauber gebaut, fast zu glatt. Was fehlt, ist gelegentlich der Mut, seine Figuren in wirklich unbequeme Zonen zu führen. Gerade die Enthüllung rund um den Unfall – recht früh der emotionale Höhepunkt – bleibt seltsam unentschlossen inszeniert, als wolle Boone seinen Charakteren keine hässlichen Seiten zumuten. Selbst die über Jahre lang laufend unsägliche RTL Scripted-Reality „Familien im Brennpunkt“ hatte solche Storylines und bewies mehr Krawall, gut, dafür lag keine Romanvorlage von Hoover im Vordergrund.

Visuell bleibt der Film unaufdringlich. Kameramann Tim Orr hält sich an warme Farben und weiche Lichtstimmungen, die mehr an Streaming-Ästhetik erinnern als an Kinoleinwand. Die Art der Schnitte in Dialogszenen – Schnitt & Gegenschnitt – erinnert an Deutsche Filme. Das passt womöglich zur Intimität des Stoffes, nimmt dem Film aber auch von der Wucht, die das Thema zulassen würde. Die Musik tut ihr Übriges: Viel Klavier, viel melancholisches Understatement. Nur selten sticht der Film aus seinem ARD-esken Konzept – nämlich wenn Mason Thames seinen feisten Charme spielen lässt und kurzzeitig an den jungen Tom Cruise erinnert. Leider passiert dies zu selten im Film.

„All das Ungesagte zwischen uns“ ist damit kein schwacher Film, aber auch keiner, der besonders lange nachhallt. Viele Szenen wirken mit ihrer inhaltlichen und genrewechselnden Schubumkehr gar wie eine Parodie auf artverwandte Schnulzen. Er hat spürbares Herz, aber wenig Risiko. Boone inszeniert sauber, oft zu brav – als wollte er lieber niemanden überfordern. Dass er das Mutter-Tochter-Drama immerhin frei von Kitsch hält, rettet einiges, doch am Ende bleibt der Eindruck eines Films, der berühren möchte, ohne sich die Hände schmutzig zu machen.

All das Ungesagte zwischen uns – Regretting You. USA 2025. Verleih: Constantin Film. Regie: Josh Boone. Mit Allison Williams, Mckenna Grace, Dave Franc. Genre: Drama. 118 Minuten. FSK: Ab 12 Jahren.

Gibt es eine Post-Credit-Szene? = Nein.

Disclaimer: Vielen Dank an CinemaxX für die freundliche Bereitstellung des Tickets. Kinotickets für „All das Ungesagte zwischen uns – Regretting You“ gibt es hier.

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Benny Illgner

Nachname hielt schon Fußbälle auf. Ich bisher nur virtuell. Sitzt seit 2005 in Digitalien fest und wartet auf den Pannendienst. Steht in fester Beziehung mit Twitter und Instagram. Schreibt Gags fürs Netz und Fernsehen. Nimmt gedeckte Schecks und Pizza gerne auf Twitter unter @IamIllgner an.

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