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Nach der CES: Wie geht es weiter mit VR?

Für VR-Enthusiasten war die Consumer Electronics Show, CES, in diesem Januar weniger spannend als gehofft. Wir fassen die Entwicklungen und Vorstellungen zusammen und werfen einen Blick auf das restliche Jahr 2018.

Während HTC auf der CES publikumswirksam die Vive Pro angekündigt hat, blieb es um weitere VR-Headsets eher ruhig. LG, bei den Koreanern befindet sich ein zu Lighthouse kompatibles VR-System in Entwicklung, verkündete ebenso wie VR-Pionier Oculus keine  Neuigkeiten zu PC-VR-Headsets. Pimax, deren Kickstarter der „8K“-VR Pimax 8K sehr erfolgreich beendet werden konnte, war zwar mit einem Messestand vertreten, litt aber unter technischen Problemen. So manch VR-Skeptiker ruft angesichts der fehlenden bahnbrechenden Neuerungen bereits erneut das Ende von Virtual Reality aus. Wir werfen daher einen genaueren Blick auf die Entwicklungen und spekulieren, wie sich der Markt mittelfristig entwickelt.

HTC – 2018 mit Vive Pro und Wireless

Mit der Vive hat sich HTC bewusst von Beginn an als Premiumhersteller hochwertiger Roomscale-Lösungen erklärt und auch nach der CES 2018 ändert sich an dieser Taktik nur wenig. Vorgestellt wurde die Vive Pro, eine überarbeitete Vive mit höherer Auflösung und daraus folgend etwas knackigerem Bild. Zusätzlich integriert HTC eine Halterung mit integrierten Kopfhörern, die an den Deluxe-Audio-Strap erinnert. Die Vive Pro ist bereits kompatibel zu den für Ende des Jahres angekündigten Lighthouse-2.0-Stationen (aber auch zu den bereits bekannten Lighthouse-Boxen) und unterstützt damit Spielflächen von bis zu 100 m².

Erstaunlich: Zu den bereits seit einiger Zeit angekündigten Knuckles-Controllern verliert HTC kein Wort sondern verweist auf die Entwickler der Controller, Valve. Bislang galt in der VR-Szene die Annahme, HTC würde die Vive Pro mit den Knuckles ausliefern, stattdessen kommen wohl überarbeitete Wand-Controller  zum Einsatz.

Gerüchten zufolge wird die Vive Pro im ersten Quartal, wahrscheinlich im März, zu einem Preis von 349 US-Dollar ausgeliefert – allerdings ohne für die Nutzung zwingend nötiges Zubehör wie Lighthouse und Controller.  Damit spricht HTC keine VR-Neueinsteiger sondern vorerst ausschließlich Besitzer des Vorgängermodells an.  Praktischer Nebeneffekt (zumindest für HTC): Die alte Vive lässt sich ohne Zubehör nicht sinnvoll weiterverkaufen, HTC verhindert so also auch einen Gebrauchtmarkt, der die Preise für Neuware unter Druck setzt.

Zusammen mit Intel entwickelt HTC eine kabellose Lösung für die VIve Pro auf Basis von 802.11ad.

Das Komplettpaket aus (wahrscheinlich) Lighthouse 2.0, den neuen Wand-Controllern und der Vive Pro soll dann, ebenfalls gerüchteweise, im vierten Quartal des Jahres zu einem Preis von 799 US-Dollar folgen. Damit würde HTC für die Vive Pro  den gleichen Startpreis aufrufen wie für die klassische Vive zum Produktstart, was den Preis durchaus realistisch macht. Außerdem müsste die klassische Vive so nicht mehr spürbar im Preis gesenkt werden, da diese bereits bei 599 US-Dollar angekommen ist und so preislich keine Konkurrenz darstellt. Die Preise für Deutschland werden sich, sollte das Gerücht zutreffen,  wohl bei 899 Euro für das Set und zwischen 399 und 449 Euro für die Vive Pro „only“ einpendeln. Wer früher mit der Vive Pro neu einsteigen möchte, muss allerdings das komplette Zubehör teuer extra kaufen. Denn HTC zieht seine Hochpreispolitik auch bei Controllern und Trackingstationen durch: Gut 550-600 Euro verlangt der Hersteller für jeweils zwei Wand-Controller und zwei Lighthouse-Stationen, zusammen mit der Vive Pro kommen wir so auf  950 bis 1000 Euro für ein selbstgebasteltes Set, so dass ein Setpreis von 899 Euro Ende des Jahres sogar wie eine Preissenkung kommuniziert werden könnte.

Diese Preis- und Produktpolitik sorgt zwar nicht dafür, dass der VR-Markt wachsen wird, dürfte für das angeschlagene Unternehmen aber wohl die einzige Lösung sein um weiterhin ausreichend Geld zu verdienen. Im Gegensatz zu Oculus hat HTC keine Facebook-Milliarden in der Hinterhand, muss sich allerdings auch nicht mit Facebook-Wünschen zur VR-Zukunft beschäftigen.

Ebenfalls vorgestellt wurde ein zusammen mit Intel entwickelter Wireless-Adapter für die Vive und die Vive Pro. Dieser arbeitet wie der bereits erhältliche TPCast-Adapter mit 60 GHz und benötigt daher eine Sichtverbindung. Ein Preis wurde noch nicht angekündigt.

Oculus – 2018 mit Fokus auf mobiler und autonomer VR

Die Oculus Rift CV1 ist durch die nachgeschobenen Touch-Controller und mehrere Preissenkungen zum attraktiven VR-Einstieg geworden und bietet sogar gegenüber den mitunter sogar teureren WMR-Headsets einige Vorteile wie das bessere Display und zuverlässigeres Tracking – auf Wunsch auch Roomscale. In Angeboten ist das Bundle aus Rift und Touch mit zwei Kameras schon für 379 Euro erhältlich gewesen. Allerdings dürfte es dabei auch vorerst bleiben, ein Nachfolgemodell wird es in diesem Jahr nicht geben.

Oculus konzentriert sich stattdessen auf zwei kabellose aber sehr unterschiedliche VR-Lösungen. Oculus Go bietet Mobil-VR wie Daydream oder GearVR, allerdings ohne zusätzliches Smartphone. Die benötigte Technik, ebenfalls auf Smartphone-Basis, ist bereits fest verbaut. Gesteuert wird mit einem ebenfalls an den GearVR-Controller erinnernden Eingabegerät. Manko der 199-Dollar-Lösung: Es gibt kein Positionstracking sondern nur 3dof – 3 Degrees of Freedom, drei Freiheitsgrade. Statt derer sechs bei Oculus Rift oder HTC Vive, was das VR-Feeling stark beeinträchtigt. Oculus Go eignet sich daher nur für eher simple Spiele und ist primär für Rundumvideos  und VR-Experiences ausgelegt. Gut für die Pornoindustrie, weniger gut für Gamer. Für komplexe Spiele ist hier nicht nur der Controller sondern auch die Hardware überfordert: Ein Snapdragon 635 ist halt nicht mit einer GTX 1080 vergleichbar, muss hier aber die gleichen Pixelmengen bewegen.

Santa Cruz hingegen  soll mehr Leistung mitbringen aber dabei ebenfalls als Standalone-VR dienen. Das Headset soll noch in diesem Jahr – allerdings wohl eher gegen Ende – auf den Markt gelangen. Oculus verspricht Inside-Out-Tracking wie bei Windows Mixed Reality und somit ein größtenteils auch für anspruchsvollere Spiele nutzbares Positionstracking mit sechs Freiheitsgraden.  Welche Hardware Oculus verbaut ist noch unklar, auf der Oculus Connect gezeigte Demos  könnten laut PCWorld auf eine Grafikleistung vergleichbar mit der GTX 1060 hindeuten. Was für eine Standalone-Lösung durchaus beeindruckend aber immer noch von  der Leistung eines anständigen Gaming-PCs entfernt ist.  Immerhin muss bei Santa Cruz die gesamte Hardware am Körper getragen und mit einem Akku versorgt werden – hier ließe sich mit einer Breakout-Box zwar Notebookhardware verbauen, um nicht regelmäßig doch per (Strom-)Kabel Kontakt zur Außenwelt aufnehmen zu müssen, wird also kein Highend zum Einsatz kommen. Außerdem klingen die Ankündigungen von Oculus nicht nach einer externen Box mit Hardware – müssen CPU und GPU auch noch ins Headset wird es schnell eng mit dem thermischen Budget. Teurer als eine Oculus Rift wird Santa Cruz aufgrund der zusätzlichen Hardware definitiv werden müssen, auch wenn sie sich, von der praktischen Bewegungsfreiheit, für viele aktuelle VR-Nutzer wie ein Rückschritt anfühlen dürfe.

Oculus Rift 2 wird damit frühestens im Jahre 2019 auf den Markt gelangen. Welche Auflösung und welchen FOV die Brille dann bieten wird ist allerdings genauso unklar wie ein Preis. Angesichts zwar durchaus wachsender aber eben noch nicht vollständig überzeugender Verkaufszahlen der VR-Hardware können VR-Fans daher nur hoffen, dass das Projekt nicht zwischenzeitlich eingestellt wird. Immerhin hat sich Facebook „eine Milliarde VR-Nutzer“ auf die Fahnen geschrieben – das geht angesichts anhaltender Skepsis seitens der Gaming-Szene nur schwer mit Zocker-Headsets und deutlich besser mit einsteigerfreundlichen Standalone-Lösungen zu niedrigen Preisen.

 

Pimax – Der Herausforderer patzt auf der CES

Das asiatische Unternehmen Pimax ist unter VR-Fans schon länger heiß diskutiert, auch wenn das aktuelle Produkt, die Pimax 4K, mangels Positionstracking keine vollwertige Alternative zu Rift und Vive darstellt. Dennoch war ein Kickstarter-Spendenaufruf für die Entwicklung der Pimax 8K ein großer Erfolg. Zudem kündigte das Unternehmen zahlreiche ambitionierte Zusatzprojekte wie Eyetracking und eigene Controller an.

Die Pimax 8K nutzt zwei 4K-Displays, es handelt sich also um keine echte 8K-VR, hier hat das Marketing gute Arbeit geleistet (auch die Pimax 4K nutzt kein 4K-Display sondern zwei mit jeweils 2K). Weil diese Datenmengen aktuelle PCs bei der für VR nötigen flüssigen und hohen Framerate dennoch überfordern, rechnet Pimax das Signal für die Brille hoch:  Der PC liefert lediglich 2.560×1.440 Pixel. Nur die teurere Pimax 8Kx wird auf Wunsch tatsächlich mit voller Pixelzahl angesteuert.

Zum Tracking kommt Lighthouse zum Einsatz, was generell keine schlechte Wahl ist und auch Vive-Nutzern einen Upgradepfad eröffnet. Auf der CES allerdings gab es ausgerechnet  in diesem Punkt Probleme, das Tracking „schwamm“ und war ungenau. Ungewöhnlich, funktionierte es doch bei früheren Präsentationen der Pimax 8K deutlich besser. Schuld schien übereifriges Personal gewesen zu sein: Angeblich wurden die Sensor-Vertiefungen wohl aus optischen Gründen mit Klebstoff und schwarzer Farbe ausgefüllt.. Ein Faux-Pas wie er auf einer bedeutenden Messe wie der CES nicht passieren darf.

Neben der hohen Auflösung verspricht Pimax auch ein deutlich größeres FOV von 200 Grad statt 110 Grad bei aktuellen VR-Lösungen. Dieser Field of View definiert das Sichtfeld des VR-Nutzers – die aktuellen Brillen bieten mit an und bei 110 Grad ein wenig Taucherbrillen-Feeling, bei 200 Grad wirkt die VR-Welt deutlich intensiver und füllt das Sichtfeld besser aus. Allerdings sinkt natürlich die Pixeldichte, um die es bei derart hochauflösenden Brillen stark geht. Und es gibt Probleme mit Verzerrungen in den äußeren Bildbereichen – auch weil aktuell niemand mit einem so hohen FOV arbeitet. Auch die Wiederholrate der verbauten Displays ist noch nicht final – bislang läuft das Headset mit 80 Hz, final sollen es 90 Hz sein. Vieles lässt sich per Software anpassen und optimieren, doch ausgerechnet „fehlerfreie Software“ steht bei Pimax bislang nicht im Achivement-Ordner. Ob und wie der vergleichsweise kleine Hersteller die Probleme in Zukunft lösen wird steht noch in den Sternen, der Release der Pimax 8K wurde allerdings  vom Januar auf „Q1 2018“ verschoben. Preislich liegt das Headset bei 500 Dollar, allerdings ohne Lighthouse und Controller.

Die nahe Zukunft von VR

Wer bereits VR nutzt und regelmäßig neue Spiele und Anwendungen ausprobiert weiß: VR funktioniert bereits sehr gut, es sind viele teils erstaunlich gute Spiele auf dem Markt und viele Kinderkrankheiten sind beseitigt. Software-Frickeleien wie noch vor einem halben Jahr sind seltener geworden, mit WMR gibt es zudem einstiegsfreundliche Lösungen ohne externes Tracking, mit nur zwei Kabeln (USB und HDMI) und guter Systemintegration sowie SteamVR-Support. Was hindert VR also am Erfolg?

Einerseits natürlich der noch immer recht hohe Preis. Aktuell sind für die Oculus Rift + Touch wieder 449 Euro aufgerufen, Rabattaktionen brachten in der jüngeren Vergangenheit Preise von 379 Euro. Das ist angesichts der Faszination die VR-Welten auslösen können zwar recht günstig, wer aber noch keinen Kontakt mit VR hatte dürfte diesen Preis erst einmal als hoch empfinden. HTC Vive mit 699 Euro und auch Windows Mixed Reality mit Deutschlandpreisen ab 449 Euro sind in diesem Punkt ebenfalls nicht hilfreich.

Allerdings ist eine Preissenkung der Mixed Reality Headsets durchaus zu erwarten – angesichts der gegenüber der Rift deutlich günstigeren Komponenten (LCD statt OLED, weniger wertige Verarbeitung, günstigeres Trackingsystem, etc) wäre eigentlich ein unter der Rift liegender Preis zu vermuten, tatsächlich liegen beide preislich gleich auf. Nachdem MediaMarkt jüngst Gaming-PCs und -Notebooks mit kostenlosen WMR-Headsets gebundelt hat,  könnte aber eine Preissenkung unmittelbar bevorstehen. Ob es dann tatsächlich massenmarkttaugliche Preise im Bereich um 200-250 Euro werden ist unwahrscheinlich, aber auch 299 Euro könnte zusätzliche Nutzer in die virtuelle Realität bringen- und nur weitere Nutzer sorgen für bessere Softwareverkäufe und damit für mehr und bessere Spiele und Anwendungen.

Andererseits ist eine große Skepsis gegenüber VR zu beobachten – gerade die ansonsten nach Adrenalin gierende Gaming-Community lehnt VR bislang zu großen Teilen ab. Doch auch die dazugehörigen Gamesmedien ignorieren das Thema größtenteils – auch mangels Resonanz durch ihre Konsumenten auf entsprechende Artikel, Videos und News. Zumindest hier ist die VR-Szene selbst gefordert: Vorurteile auflösen, Berichte über VR anklicken und vielleicht auch kommentieren. Eine größere Berichterstattung hilft bei der Verbreitung, die weiteren positiven Folgen stehen bereits im letzten Absatz..

Dennis

Da kann niemand von Realitätsverlust sprechen: Dennis und seine umfangreiche Hardware-Sammlung eroberen bevorzugt die virtuelle Realität. Er schreibt darüber unter anderem für Gamestar, Computerbase, Notebookcheck und Gamersglobal.

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