Auf dieses Zusammentreffen warteten viele feuchte Nerd-Unterhosen! Ryan Reynolds schickt seinen plappernden Söldner im hautengen Ganzkörper-Kondom zusammen mit dem ebenfalls beliebten Wolverine auf einen absurden Trip durch die Multiversen – „Deadpool & Wolverine“ darf trotz Disney-Fuchtel erstaunlicherweise aus ALLEN Rohren schießen und holt das angeschlagene Marvel-Konstrukt aus einem selbstgeschaffenen Abgrund. Kreativ wie konzeptionell. Unsere Kritik zur höchst selbstironischen Comicverfilmung.
Glaubt man Ryan Reynolds war der erste „Deadpool“-Film ein ungeheures Risiko. Finanziell als auch inhaltlich. Kein heroischer Comicheld, der mit strahlendem Anzug böse Buben verkloppt nebenbei die Welt rettet und noch einen oscarträchtigen emotionalen Auftritt abliefert? Zur fickenden Hölle, nein! All das bot der Beginn der „Deadpool“-Saga im Jahre 2016 überhaupt nicht. Vielmehr gelang dem Hauptdarsteller, der nicht unwesentliche Rechte an der Comicfigur hält, eine bitterböse wie wohltuende Abrechnung mit ebensolchen Comicverfilmungen, in dem er diese gnadenlos verarschte und ad absurdum führte. Persönlich kugelte ich mich im Kinosaal vor schelmischem Vergnügen, da die humoristische Kreativität bereits damals die größte Stärke war. Dies lag natürlich in erster Linie an den fantastischen Drehbuchautoren Paul Wernick und Rhett Reese samt dem Mut auch die härteste Punchline zu verwirklichen. Da 20th Century Fox zu diesem Zeitpunkt noch existierte und die „X-Men“-Rechte hielt, zu denen auch Deadpool zählt, hatte Marvel gar kein Mitspracherecht, was retrospektiv ein Glücksfall war.
Teil Zwei erschien bereits zwei Jahre später, wartete mit Josh Brolin als Antagonisten auf und zog den Bogen um ein eigenes Deadpool-Universum inklusive Verwirklichung eines „X-Force“-Spin Offs weiter. Dank eines enormen Einspielergebnisses von 782 Millonen US-Dollar, wohlgemerkt bei einer Alterfreigabe ab 16 Jahren, war die Fortsetzung größer, bombastischer verlor zum Glück nicht seinen liebenswerten Kern. Dann die Zäsur. Mäusekonzern Disney kauft FOX. Aliens, Bruce Willis im dreckigen Unterhemd und eben die X-Men segelten nun unter der eher familienorientierten Flagge. War da noch Platz für einen sprücheklopfenden Mistkerl? Aber klar! Nach langen Verhandlungen durfte Ryan Reynolds verkünden – ein neuer „Deadpool“-Film kommt sogar mit „Wolverine“. Dass der der von Hugh Jackman gespielte Charakter im letzten Film eher schlecht wegkam, ist übrigens kein Hindernis. Und noch ein Hinweis: „Deadpool & Wolverine“ ist kein „Deadpool 3“. Vielmehr ist dieses Abenteuer eine Art Spin-Off. Springen wir zu Story: Deadpool aka Wade Wilson lebt mittlerweile ein geordnetes Leben. Er arbeitet als Autohändler, hat Freunde und Bekannte jedoch ging die Beziehung zu Vanessa (Morena Baccari) in die Brüche. Blöderweise steht auch sein Universum kurz vor dem Zusammenbruch was Wade veranlasst nach dem heldenhaften „Wolverine“ (Hugh Jackman) zur Rettung zu suchen. Als Storyline reicht die Information. Denn was Reynolds neuester Streich phänomenal beherrscht ist die Präsentation. Geschrieben wurde „Deadpool & Wolverine“ von Ryan Reynolds, Rhett Reese, Paul Wernick, Zeb Wells und Regisseur Shawn Levy.
Fast schon als eine Art Statement Richtung Disney-Chefetage will „Deadpool & Wolverine“ seine Eröffnungssequenz verstanden wissen, in dem reihenweise Kleindarsteller ihr dargestelltes Leben lassen während Boygroup-Mucke aus den 90er Jahren läuft. Blutrünstig in einer Art und Weise, welche man aus der DP-Reihe kennt, aber für Marvel, eine neue Erfahrung sein dürfte. Ebenfalls wurde die Gag-Frequenz nochmals enorm gesteigert – quasi im Halbminuten-Takt kommt es zu Sprüchen, visuellen Gags oder Cameos, die unerwartet sind und dann sogar mit falschen Erwartungen spielen. Es ist nur zu loben wie selbstbewusst Disney selbst die härtesten Lines über sich, Marvel und sonstige Institutionen durchgewunken hat und Ryan Reynolds selbst sich ordentlich in die Pfanne haut. Aus Spoiler-Gründen ist es nur möglich im Approximativ zu sprechen. Aber lasst euch gesagt sein, dass dieser Marvel-Beitrag seit JAHREN wieder konsequent unterhaltsam ist und manche Grenzüberschreitung übt – was beim amüsanten Spektakel auf der Strecke blieb ist die Handlung. Zwar war die Reihe niemals für Christopher Nolan-artige Stränge bekannt, dennoch passt diese hier mehr als deutlich auf einen Bierdeckel. Gut, bei „Mad Max: Fury Road“ gilt dies auch, gelang George Miller jedoch ein hervorragender Actionfilm. So ähnlich ist es auch bei diesem Film. Die temporeichen Witzstrecken und WTF!-Momente täuschen oft über recht tiefe Story-Gräben hinweg.
- Dieser Artikel hat Deutsche Sprache und Untertitel.
- Reynolds, Ryan, Baccarin, Morena, Miller, T.J. (Schauspieler)
- Miller, Tim (Regisseur)
Technisch gibt es bei diesem Deadpool gar nichts zu meckern. Die Effekte inklusive so mancher Szenenmontage sehen recht schick aus. Da uns kein Weg zu weit ist, schauten wir uns „Deadpooö & Wolverine“ im technisch hochgerüsteten Dolby Cinema im schwäbischen Esslingen an. Während sich die 3D-Optik nur in wenigen Szenen bemerkbar machten, gefiel uns die Tonmischung enorm gut. Vom Schlappern des Dogpool im Gesicht von Reynolds bis zu monumentalen Kämpfen während im Hintergrund Madonnas „Like a prayer“ schmettert, empfehlen wir ausdrücklich den Kinogang in eine Dolby Atmos-Vorstellung. Gerade das Erlebnis von Ton wird im Kino zu häufig unterschätzt. Reynolds brilliert in seiner Paraderolle, Hugh Jackman darf erneut den kauzigen Antihelden verkörpern was einem Gipfeltreffen gleichkommt, selbst der Familienfilm-Ecke stammenden Shawn Levy trumpft auf und nicht nur dank der Vielzahl an Cameo vielen Marvel-Fans ein Zelt in der Hose bescheren wird. Wer makabere Witze und deftige Splatter-Effekte mag – feinste Empfehlung unsererseits!
Deadpool and Wolverine. USA 2024. Verleih: Disney. Regie: Shawn Levy. Mit Ryan Reynolds, Hugh Jackman, Emma Corrin. Genre: Action / Komödie. 127 Minuten. FSK: Ab 16 Jahren.
Gibt es eine Post-Credit-Szene? = Verflucht ja.
Vielen Dank an den Traumpalast für die freundliche Bereitstellung des Tickets. Kinotickets für „Deadpool & Wolverine“ gibt es hier.
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